Wie Hochleistungscompounds zur Knarzfreiheit beitragen
Klänge
begleiten uns durch den Tag und sind mittlerweile ein wichtiges
Marketinginstrument in der
akustischen Markenführung. Jeder kennt das berühmte Knacken des Magnum Eises,
oder aber das 4-Klanglogo von Audi – Vorsprung durch Technik. Sounddesign ist
nicht nur in der Werbung wichtig. Die
Bereiche Sounddesign und Akustik sind auch untrennbar mit der
Automobilindustrie verbunden.
Bei BMW sind ca. 250 Mitarbeiter damit beschäftigt, Getriebe, Motoren und
Fahrgestelle leiser zu machen. Andererseits legt Lamborghini hohen Wert darauf,
dass ein Lamborghini am Motorsound erkannt wird. Aber auch die Gestaltung des
charakteristischen Geräusches des Zuschlagens einer Tür oder der Betätigung
eines Bedienelementes ist nicht weniger wichtig. Alle soundtechnisch
optimierten Bauteile sind wie Instrumente in einem Orchester aufeinander abgestimmt
und bilden eine Harmonie. Diese Harmonie kann jedoch durch Störgeräusche
empfindlich beeinträchtigt werden. Eine Art dieser Störgeräusche trägt die Bezeichnung
„Buzz, Squeak and Rattle“.
Buzz, Squeak and Rattle
Knarzen und quietschen wird hervorgerufen durch den sogenannten Stick-Slip Effekt (Haftgleiteffekt). Materialpaarungen werden durch äußere Kräfte (Straßenfahrten, Vibrationen) angeregt und gehen in ein nicht gleichmäßiges, sondern zyklisches Haften und Gleiten über. Die Ursache sind Knarz- oder Quietschgeräusche. Diese treten oftmals durch ungünstige Kunststoff/Kunststoff- oder Kunststoff/Metall-Paarungen auf. Sie sind jedoch von Umgebungsbedingungen wie Temperatur und Luftfeuchte beeinflusst. Die Reduktion der Umgebungsgeräusche führt zu einer deutlich höheren Wahrnehmungsempfindlichkeit im Fahrzeuginnenraum. Tendenziell ist die Knarzneigung bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt höher als bei darüber liegenden Temperaturen. Die VDA 314 („Akustische Bewertung des Bremsknarzens im Fahrversuch“) berücksichtigt dies durch Versuchsdurchführungsabschnitte, welche das Knarzen sowohl im kalten Betriebszustand („Early Morning Knarzen“) als auch im warmen Betriebszustand simulieren. Die Prüfungen erfolgen in der Regel über eine Temperaturbandbreite von –20 °C bis zu 100 °C.
Betrachtete Hochleistungspolymere
Die
Einsatztemperaturen unter der Motorhaube oder im Antriebsstrang erfordern
oftmals Materialien mit erhöhten Anforderungen an die Wärmeformbeständigkeit
und Chemikalienbeständigkeit. Betrachtet wurden somit Formulierungen basierend
auf Polyamiden mit erhöhten
Glasübergangstemperaturen und erhöhten Schmelzpunkten.
Diese Produkte sind für den Einsatz im Hochtemperaturbereich bestens geeignet. Um eine Knarzneigung bei Minus-Temperaturen in Kontakt mit Metall bestmöglich zu vermeiden, wurden diese Produkte zusätzlich tribologisch modifiziert. Der verwendete Wirkstoff ist über den gesamten Formteilquerschnitt fein verteilt und chemisch gekoppelt. Sogenannte Einschleifvorgänge zur Entfaltung optimaler tribologischer Eigenschaften sind nicht notwendig.
Prüfverfahren/Prüfaparatur
Geprüft wurde auf einem Zins-Ziegler Prüfstand SSP 02 entsprechend VDA 5 (Version 2010) unter folgenden Prüfbedingungen:
o Anpresskraft: 80 N
o Schlittengeschwindigkeit: 1mm/s, 8mm/s
o Temperatur : –20 °C
Messprinzip
Der Schlitten der Materialprobe A (Metall) wird relativ zu einem federnden Element mit der Materialprobe B (Kunststoff) bewegt. Das Bewegungsverhalten der Feder, welches beim Wechsel zwischen Anhaften und Gleiten entsteht, ist ein Maß für die Stick-Slip Neigung.
Die Beurteilung erfolgt in Form einer Risikoprioritätszahl (RPZ) in einer Skala von 1–10. Für die positive Bewertung einer Materialpaarung ist eine RPZ von 1–3 erforderlich. Bei einer RPZ größer 6 ist mit deutlichen Geräuschemissionen zu rechnen. Siehe "Bewertung RPZ" rechts.
Ergebnis
Die Untersuchung konzentriert sich auf die gewählte Prüftemperatur von –20 °C, basierend auf der VDA 340, welche diese als tiefste Prüftemperatur vorschreibt. Die Ergebnisse zeigen recht deutlich, dass ein nicht modifiziertes PA 66 mit einer Prüflast von 80 N – unabhängig von der Prüfgeschwindigkeit – in einer Risikoprioritätszahl von 10 resultiert. Die jeweils notwendige maximale Beschleunigungsrate übersteigt die modifizierten Produkte teilweise um ein 10-faches. Die Wahrscheinlichkeit einer deutlich hörbaren Knarzneigung wird somit sehr wahrscheinlich. Siehe „Stick-Slip Prüfung“ unten.
Die tribologisch modifizierten TEREZ-Compounds XG PA 4.6 6007, XG PA 66 6008, XG HT 6009 zeigen Bestnoten. Unabhängig von der Gleitgeschwindigkeit kommt es bei -20 °C zu niedrigsten Risikoprioritätszahlen und somit auch zu einer sehr wahrscheinlichen Vermeidung einer Knarzneigung. Die erforderlichen Beschleunigungswerte liegen deutlich unter dem nicht modifizerten Produkt. Auch der dynamische Reibungskoeffizient (Dyn COF) zeigt ein Niveau, welches im direkten Vergleich bei lediglich bis zu 50 % liegt.
Zusammenfassung
Die
Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass Hochleistungspolymere mit der
richtigen Ausrüstung
nicht nur hohen, sondern auch tiefen Temperaturen gewachsen sind. Somit kann
Knarzneigung durch die richtige Materialauswahl vermieden werden. Störgeräusche
werden eliminiert und das Gesamt-Klangerlebnis in einem Fahrzeug positiv
unterstützt. Die Untersuchungen stellen nur einen kleinen Ausschnitt möglicher
Materialpaarungen dar. Der unkomplizierte Prüfaufbau des Zins-Ziegler SSP 02
ermöglicht die schnelle Prüfung weiterer Materialpaarungen unter
gegebenfalls angepassten Prüfbedingungen. Somit kann sehr schnell ein
Rückschluss auf - aus
akustischer Sicht - kritische oder unkritische Materialpaarungen gezogen
werden.
Die dargestellten Compounds können je nach Anwendungsanforderung weiter modifiziert werden. Steifigkeiten, Festigkeiten, aber auch Chemikalienbeständigkeiten können gezielt erhöht werden.
Mit den Compounds TEREZ XG PA 4.6 6007, XG PA 66 6008 und XG HT 6009 hat die TER Plastics POLYMER GROUP ihr derzeitiges tribologisches Portfolio um Hochtemperaturprodukte mit verminderter Knarzneigung erweitert.
Autor:
Goran Brkljac
Technischer Leiter
TER Plastics POLYMER GROUP
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